Höhere Gewalt während des Ausnahmezustands aufgrund der COVID-19-Pandemie

28. März 2020 | Reading Time: 4 Min

Einleitend muss betont werden, dass der aufgrund der Covid-19-Pandemie erklärte Ausnahmezustand und die diesbezüglichen Maßnahmen der Behörden zwar eine Ausnahmesituation darstellen, dies jedoch nicht automatisch das Aufrufen höherer Gewalt in laufenden Vertragsbeziehungen erlaubt.
Ein Vertrag ist zwischen den Parteien verbindlich, und daher muss die tatsächliche Situation von Fall zu Fall im Hinblick auf die übernommenen Verpflichtungen und die Möglichkeit der Sicherung des Vertrags konkret analysiert werden.

I. RECHTLICHER RAHMEN

Das Bürgerliche Gesetzbuch definiert höhere Gewalt als jedes externe, unvorhersehbare, absolut unbewältigbare und unvermeidliche Ereignis. Soweit jemand höhere Gewalt nachweisen kann, ist er für den vom Ereignis höherer Gewalt betroffenen Zeitraum von der Haftung befreit, sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren.

II. GILT DER ERKLÄRTE AUSNAHMEZUSTAND ALS HÖHERE GEWALT?

Im Rahmen der Erklärung des Ausnahmezustands infolge der Covid-19-Pandemie können sich Unternehmen nur dann auf die Nichterfüllung vertraglicher Verpflichtungen aufgrund höherer Gewalt berufen, wenn sie nachweisen können, dass sie objektiv gesehen beeinträchtigt sind, ihren Verpflichtungen nachzukommen.

Die Dringlichkeitsverordnung 29/2020 kann in dem Sinne verstanden werden, dass der Gesetzgeber eine gesetzliche Voraussetzung für höhere Gewalt geschaffen hat, auf die sich kleine und mittlere Unternehmen berufen können, um die Zahlungen an Versorgungsunternehmen und die Mietzahlungen für alle ihre Niederlassungen zu verzögern.

In Bezug auf andere Arten aktiver Verträge sieht die Verordnung nur eine einfache Vermutung vor, in dem Sinne, dass KMUs erst nach einer versuchten Neuverhandlung des betreffenden Vertrags höhere Gewalt geltend machen können, sofern sie mit Unterlagen nachgewiesen wurde, die auf irgendeine Weise zwischen den Parteien übermittelt wurden. Diese Vermutung kann von der anderen Partei allerdings durch Beweismittel widerlegt werden.

Darüber hinaus wurden durch die Verordnung zusätzliche Anwendungsfälle höherer Gewalt geschaffen, wenn nämlich durch eine Anordnung der Behörden Situationen geschaffen werden, die zur Verhütung und Bekämpfung der Pandemie erforderlich sind, und beispielsweise die Aktivitäten eines KMU einschränken oder gänzlich verhindern.

Bislang gelten die in der Verordnung angführten Beispiele für höhere Gewalt nur für KMUs. Alle anderen Unternehmen, die nicht die KMU-Kriterien erfüllen, müssen die höhere Gewalt nach allgemeinem Recht und im Einklang mit den vertraglichen Bestimmungen nachweisen. Sie können jedoch als Nachweis des Ereignisses höherer Gewalt die vom Wirtschaftsministerium auszustellenden Notstandsbescheinigungen oder Bescheinigungen über höhere Gewalt beantragen.

III. WIE MAN HÖHERE GEWALT AUFRUFT – UNTERSCHIEDE ZWISCHEN DER BESCHEINIGUNG FÜR HÖHERE GEWALT UND DER NOTZUSTANDSBESCHEINIGUNG

KMUs können sich auf der Grundlage einer vom rumänischen Wirtschaftsministerium ausgestellten Notstandsbescheinigung auf höhere Gewalt berufen.
Andere Unternehmen können sich unter den in den Verträgen festgelegten Bedingungen auf höhere Gewalt berufen. Ein erster Schritt ist in der Regel die Benachrichtigung der Gegenpartei und der Versuch, die negativen Auswirkungen zu vermeiden, die sich aus der Unmöglichkeit der Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung ergeben.

Manche Verträge enthalten Bestimmungen über die Verpflichtung, als Rechtfertigung eine Bescheinigung über höhere Gewalt von der Handelskammer zu beantragen. Nach Ansicht der Handelskammer garantieren diese Bescheinigungen über höhere Gewalt jedoch nicht, dass ein Ereignis auch tatsächlich als höhere Gewalt eingestuft wird, da dies gegebenenfalls von Gerichten zu entscheiden ist.

Es ist sehr wichtig zu berücksichtigen, dass sich die Unvorhersehbarkeit des Ereignisses auf den Zeitpunkt der Entstehung der anzuwendenen rechtlichen Bestimmungen bezieht. Damit gelten die von den Behörden gemäß dem Gesetz über den Ausnahmezustand verhängten Maßnahmen nicht als unvorhersehbar.

Um sich auf die Auswirkungen höherer Gewalt berufen zu können, muss ein Ereignis bereits eingetreten sein, bevor die Verpflichtung aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag fällig wurde oder der aus dem Vertrag Verpflichtete seiner Verpflichtung nicht zeitgerecht nachkommen konnte. Daher ist es nicht möglich, die Unvorhersehbarkeit bei nach der Erklärung des Ausnahmezustands geschlossenen Verträgen oder bei Verträgen geltend zu machen, die geschlossen wurden, als die Pandemie bereits bekannt war.

IV. DIE FOLGEN HÖHERER GEWALT

In der Regel führt die Berufung auf höhere Gewalt zur Befreiung von der Haftung für Verpflichtungen, deren Erfüllung durch das Ereignis höherer Gewalt teilweise oder vollständig verhindert wird. Allerdings können die Vertragspartner auch andere Auswirkungen vereinbaren. Beispielsweise können die Parteien vereinbaren, dass die Umstände höherer Gewalt die eine oder andere Partei von ihren vertraglichen Pflichten vorübergehend oder endgültig befreien.

Darüber hinaus kann höhere Gewalt sogar zur Beendigung des Vertrages führen, wenn die Unmöglichkeit der Ausführung vollständig und endgültig ist und eine wesentliche vertragliche Verpflichtung betrifft. Wenn die Vertragsbedingungen nur vorübergehend nicht erfüllt werden können, kann die Erfüllung des Vertrags auch für einen gewissen Zeitraum ausgesetzt werden. Die gute Praxis in Handelsverträgen erkennt das Recht der Partei an, die nicht von höherer Gewalt betroffen ist, einseitig einen Vertrag zu kündigen, in dem die andere Partei höhere Gewalt als Grund für eine Haftungsfreistellung geltend gemacht hat, wenn der Zustand der höheren Gewalt 3 bis 6 Monate andauert.

Quellen: OUG. 29/2020 betreffend wirtschaftliche und fiskale Auswirkungen, veröffentlicht im Amtsblatt Nr. 230 vom 21. März 2020; Bürgerliches Gesetzbuch aus 2009 (Gesetz Nr. 287/2009); Verordnung 791/2020 über die Erteilung von Notstandsbescheinigungen an Unternehmen, deren Tätigkeit im Rahmen des SARS-CoV-2 betroffen ist, Amtsblatt Nr. 248 vom 25. März 2020.

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