Änderungen des Arbeitsgesetzbuchs

17. November 2022 | Reading Time: 6 Min

Wir möchten Sie auf die jüngsten Änderungen des Arbeitsgesetzbuchs aufmerksam machen, die durch Gesetz Nr. 283/2022 eingeführt wurden und ab 22. Oktober 2022 in Kraft sind.

Die neuen Bestimmungen des Arbeitsgesetzbuchs verbessern den Schutz von Arbeitnehmern in ihren Beziehungen zum Arbeitgeber. Wir empfehlen allen Arbeitgebern, die neuen Bestimmungen des Arbeitsgesetzbuchs genau zu beachten.

Gemäß den Bestimmungen von Gesetz Nr. 283/2022 wurden am Arbeitsgesetzbuch die folgenden Änderungen und Ergänzungen vorgenommen:

  1. Aufklärung der Arbeitnehmer über die Bestandteile ihres Dienstvertrags

Vor Beginn des Dienstverhältnisses sind zusätzlich folgende Informationen an die Arbeitnehmer zu übermitteln:

  • wenn kein bestimmter Arbeitsort festgelegt wurde: die Möglichkeit für den Arbeitnehmer, von verschiedenen Arbeitsorten aus zu arbeiten, sowie die Möglichkeit für den Arbeitgeber, für die Fahrten zwischen verschiedenen Arbeitsorten zu sorgen bzw. die Kosten dafür zu übernehmen
  • eine Aufschlüsselung der einzelnen Bestandteile der Einkünfte sowie die Häufigkeit und Art der Lohnzahlung
  • die normale Arbeitszeit, ausgedrückt in Stunden/Tag und/oder Stunden/Woche, die Bedingungen, zu denen Überstunden gemacht und vergütet oder bezahlt werden, und gegebenenfalls die Vereinbarungen für die Gestaltung von Schichtarbeit
  • gegebenenfalls Dauer und Bedingungen für die Probezeit
  • das Recht auf vom Arbeitgeber angebotene Berufsausbildung und die Bedingungen dafür
  • die Zahlung einer privaten Krankenversicherung durch den Arbeitgeber, zusätzliche Beiträge zur freiwilligen oder betrieblichen Altersvorsorge des Arbeitnehmers sowie die Gewährung sonstiger Rechte auf Initiative des Arbeitgebers, sofern es sich dabei um Geldleistungen handelt, die dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber infolge der Beschäftigung des Arbeitnehmers gewährt oder gezahlt werden.

Festzuhalten ist, dass die Verpflichtung zur Aufklärung des Arbeitnehmers zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des jeweiligen Dienstvertrags als vom Arbeitgeber erfüllt gilt. Weiters kann der Arbeitgeber – je nach seinen innerbetrieblichen Richtlinien – den Arbeitnehmern Informationen zu den oben angeführten Punkten übermitteln, die in der Folge im Dienstvertrag oder gegebenenfalls in einer Zusatzvereinbarung festgehalten werden.

2. Neue verpflichtende Bestandteile individueller Dienstverträge

Die oben angeführten Punkte werden auch in individuellen Dienstverträgen festgehalten. Infolgedessen ist das Muster für individuelle Dienstverträge durch Erlass des Ministers für Arbeit und soziale Solidarität im Einklang mit diesen neuen Bestimmungen zu aktualisieren.

Bis zur Veröffentlichung des neuen Musters empfehlen wir jedoch, das vom Unternehmen bisher verwendete Muster für individuelle Dienstverträge durch Einarbeitung der oben angeführten neuen Gehaltselemente zu aktualisieren.

Falls Sie unsere Unterstützung bei der Aktualisierung des auf Unternehmensebene verwendeten Musterdienstvertrags benötigen, kann TPA entsprechende Dienstleistungen anbieten, sowohl jetzt als auch nach Veröffentlichung des Mustervertrags.

3. Neue Arten von Urlaub/Freistellung

Gesetz Nr. 283/2022 legt das Recht der Arbeitnehmer auf Inanspruchnahme neuer Arten von freien Tagen fest, und zwar wie folgt:

  1. Freistellung aufgrund unvorhergesehener Umstände

Der Arbeitnehmer hat das Recht auf Freistellung von der Arbeit aufgrund unvorhergesehener Umstände, wie ein Notfall in der Familie durch Krankheit oder Unfall, vorausgesetzt der Arbeitgeber wurde vorher davon verständigt und die Fehlzeiten werden im Anschluss zur Gänze wieder eingearbeitet. Die Art und Weise der Einarbeitung der Fehlzeiten ist mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren.

In einem Kalenderjahr darf diese Art von Freistellung 10 Arbeitstage nicht überschreiten.

2. Pflegeurlaub

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, einem Arbeitnehmer auf dessen schriftlichen Antrag für den Zweck der Pflege oder Unterstützung eines Angehörigen oder einer mit dem Arbeitnehmer im gemeinsamen Haushalt lebenden Person (Kinder, Eltern, Ehegatten), die infolge einer schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigung Pflege oder Unterstützung benötigen, für die Dauer von 5 Arbeitstagen pro Kalenderjahr Pflegeurlaub zu gewähren.

Die Dauer des Pflegeurlaubs wird nicht auf den Jahresurlaub des Arbeitnehmers angerechnet, zählt dennoch zur Dienstzeit an diesem Arbeitsplatz und in der jeweiligen Position und kann durch Sondergesetze oder Kollektivverträge verlängert werden. Arbeitnehmer im Pflegeurlaub sind während dieser Zeit auch im Rahmen des Sozialversicherungssystems beitragsfrei versichert, und diese Freistellung gilt auch als Beitragszeitraum für die Festlegung der Leistungsansprüche bei Arbeitslosigkeit und vorübergehender Arbeitsunfähigkeit.

Die schwerwiegenden gesundheitlichen Probleme und die Bedingungen, zu denen Pflegeurlaub gewährt wird, werden durch gemeinsamen Erlass des Ministers für Arbeit und soziale Solidarität und des Ministers für Gesundheit festgelegt. Was die Umsetzung dieser neuen Art von Urlaub betrifft, so wird die Ausarbeitung weiterer Rechtsvorschriften durch die zuständigen Behörden abgewartet.

3. Vaterschaftsurlaub

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, auf schriftlichen Antrag des Arbeitnehmers dem Vater eines neugeborenen Kindes wie in Gesetz Nr. 210/1999 vorgesehen Vaterschaftsurlaub zu gewähren, wobei die Gewährung dieses Urlaubs nicht von der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses bzw. dem Dienstalter des Arbeitnehmers abhängig ist.

Festzuhalten ist, dass durch Regierungsnotverordnung Nr. 117/2022 auch zahlreiche weitere Änderungen in Bezug auf die Dauer des Vaterschaftsurlaubs eingeführt wurden. Das Gesetz sieht vor, dass der Vater eines neugeborenen Kindes Anspruch auf einen bezahlten Vaterschaftsurlaub von 10 Arbeitstagen hat, der um 5 Arbeitstage verlängert werden kann, wenn der Vater eine Bestätigung über die Absolvierung eines Kinderbetreuungskurses erworben hat. Außerdem kann der Vater diesen verlängerten Vaterschaftsurlaub auch für alle weiteren neugeborenen Kinder in Anspruch nehmen, unabhängig davon, wann der Kinderbetreuungskurs absolviert wurde.

Schließlich darf der Arbeitgeber Arbeitnehmer im Vaterschaftsurlaub, im Pflegeurlaub oder während einer Freistellung aufgrund unvorhergesehener Umstände nicht entlassen.

  1. Weitere durch Gesetz Nr. 283/2022 eingeführte Änderungen des Arbeitsgesetzbuchs

Zusätzlich zu Obenstehendem legen die Bestimmungen von Gesetz Nr. 283/2022 Folgendes fest:

  • das Verbot der Benachteiligung von Arbeitnehmern und Arbeitnehmervertretern infolge der Beantragung oder tatsächlichen Ausübung eines ihrer Rechte. Weiters ist es untersagt, Arbeitnehmer zu entlassen, weil sie ihre gesetzlich vorgesehenen Rechte ausüben;
  • das Verbot, eine neue Probezeit festzulegen, wenn innerhalb von 12 Monaten zwischen denselben Parteien ein neuer Dienstvertrag für dieselbe Position und mit denselben Pflichten abgeschlossen wird;
  • das Recht des Arbeitnehmers, für verschiedene Arbeitgeber oder für denselben Arbeitgeber mit mehreren Dienstverträgen zu arbeiten, ohne Überlappung der Arbeitszeiten, in jedem Fall mit einem entsprechenden Gehalt. Kein Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer, der dieses Recht ausübt, benachteiligen. Vorbehaltlich der Veröffentlichung einer diesbezüglichen gesetzlichen Regelung empfehlen wir, die Arbeitnehmer gegebenenfalls um Abgabe einer Erklärung betreffend die Nichtüberlappung der Arbeitszeiten bei einem anderen Arbeitgeber zu ersuchen.
  • das Recht des Arbeitnehmers, die Versetzung auf eine freie Stelle zu beantragen, die günstigere Arbeitsbedingungen bietet, vorausgesetzt die Probezeit ist vorbei und es hat seit mindestens sechs Monaten kein Wechsel des Arbeitgebers stattgefunden;
  • die Möglichkeit für den Arbeitgeber, für alle Arbeitnehmer, auch jene, die sich in Pflegeurlaub befinden, mit deren Zustimmung oder auf deren Wunsch hin individuelle Arbeitspläne festzulegen, die eine flexible Arbeitszeitgestaltung mit sich bringen und von begrenzter Dauer sein können.
  1. Interne Regelungen

Das Gesetz ergänzt und ändert die Bestimmungen betreffend interne Richtlinien wie folgt:

  • durch Einführung neuer Kategorien von Bestimmungen, die darin enthalten sein sollen, und zwar: gegebenenfalls eine Regelung für die Bekanntmachung und Mitteilung der Richtlinien betreffend die allgemeine Mitarbeiterfortbildung;
  • indirekt durch die Notwendigkeit, alle oben im Detail ausgeführten Gesetzesänderungen in die internen Richtlinien einfließen zu lassen;
  • Bekanntmachung: die Verpflichtung des Arbeitgebers, jeden Arbeitnehmer am ersten Arbeitstag über die Bestimmungen der internen Richtlinien zu informieren und einen Nachweis für die Erfüllung dieser Verpflichtung zu erbringen. Arbeitnehmer können über die Bestimmungen der internen Regelungen entweder auf Papier oder auf elektronischem Weg informiert werden, in letzterem Fall nur unter der Voraussetzung, dass die Arbeitnehmer Zugriff auf das Dokument haben und dieses von ihnen gespeichert und ausgedruckt werden kann.
  1. Aufklärung der Arbeitnehmer über die durch Gesetz Nr. 283/2022 eingeführten Gesetzesänderungen

Im Einklang mit den Bestimmungen von Gesetz Nr. 283/2022 sind die neuen, oben beschriebenen gesetzlichen Bestimmungen vom Arbeitgeber auf Antrag des Arbeitnehmers binnen 30 Arbeitstagen nach Erhalt des schriftlichen Antrags des Arbeitnehmers zu übermitteln.

Das Fehlen eines solchen Antrags enthebt den Arbeitgeber jedoch nicht seiner Verpflichtung, seine Arbeitnehmer über die durch dieses Gesetz eingeführten Änderungen zu informieren.

Unter diesen Umständen empfehlen wir, eine Mitteilung an alle aktiven Arbeitnehmer zu verfassen, in der sie über die relevanten Gesetzesänderungen informiert werden. Falls Sie beim Abfassen dieses Dokuments Unterstützung benötigen, ist TPA gerne bereit, seine Kunden in dieser Hinsicht zu unterstützen.

Sollten Sie weitere Informationen benötigen, stehen Ihnen sämtliche Expertenteams von TPA jederzeit zur Verfügung.

Quelle: Gesetz Nr. 283 vom 17. Oktober 2022 zur Änderung und Ergänzung von Gesetz Nr. 53/2003 (Arbeitsgesetzbuch).

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