Regierung dehnt Tarifverhandlungen auf weitere Branchen aus

11. April 2023 | Reading Time: 2 Min

Regierungsbeschluss Nr. 171, verabschiedet am 1. März 2023 (nachstehend „Beschluss 171“), legt die Tarifverhandlungssektoren oder -branchen und deren jeweilige 4-stellige NACE-Codes fest. Das einzige Kriterium, wonach ein Rechtsträger in einen bestimmten Tarifverhandlungssektor eingestuft wird, ist der primäre NACE-Code des Rechtsträgers. Während sich einige Tätigkeiten in mehr als einem Tarifverhandlungssektor finden, können Arbeitgeber eine Einstufung in nur einen dieser Sektoren beantragen, wenn ihr primärer NACE-Code einem dieser Sektoren entspricht.

Beschluss 171 wurde verabschiedet, um die Tarifverhandlungssektoren festzulegen und auszuweiten, und er hebt die zuvor geltenden Gesetzesbestimmungen in diesem Bereich auf.

Doch was ist im Sinne von Beschluss 171 ein Rechtsträger? Der Gesetzgebungsakt verweist auf die Bestimmungen des Sozialpartnerschaftsgesetzes, wonach ein Rechtsträger eine Organisationsform eines Arbeitgebers (Unternehmen, Kapitalgesellschaft, Genossenschaft, Verein, öffentliche Einrichtung/Behörde oder eine sonstige Organisationsform mit Rechtspersönlichkeit gemäß dem Gesetz) ist, in welcher Angestellte/Arbeiter Arbeit in einem bestimmten Tätigkeitsbereich verrichten.

Zuletzt wurde auch Verordnung Nr. 798 vom 14. März 2023 genehmigt, welche das Verfahren zur Einstufung in Tarifverhandlungssektoren (nachstehend „die Verordnung“) verabschiedet. Der Hauptzweck dieses Verfahrens ist es, die an branchenspezifischen Tarifverhandlungen beteiligten Parteien über die Möglichkeit zu informieren, in einen Tarifverhandlungssektor eingestuft zu werden.

Die Durchführung des Verfahrens beinhaltet die Einreichung eines Einstufungsantrags in Form eines Schreibens beim Registeramt des Arbeits- und Sozialministeriums (nachstehend MMSS) durch den Vertreter des Rechtsträgers. Das Verfahren nennt auch die Liste von Dokumenten, die vom Vertreter des Rechtsträgers vorzulegen sind.

Innerhalb von fünf Tagen nach Erhalt eines Antrags wie in Artikel 1 des Verfahrens vorgesehen wird der Antrag des Arbeitgebers auf der MMSS-Website veröffentlicht.

Anzumerken ist, dass Tarifverhandlungen gemäß dem neuen Sozialpartnerschaftsgesetz für alle Rechtsträger mit mindestens 10 Angestellten/Arbeitern ebenso wie auf Ebene des Tarifverhandlungssektors verpflichtend sind.

In einer Presseaussendung erläuterte die Regierung, dass diese Regelung, welche die Zahl der Tarifverhandlungssektoren erweitert, darauf abzielt, Tarifverhandlungen flexibler zu gestalten und Tarifverhandlungen auf Branchenebene zwischen Sozialpartnern basierend auf gemeinsamen Interessen und mit Zustimmung der Parteien zu fördern.

Es bleibt abzuwarten, ob dieses gesetzliche Instrument tatsächlich mehr Schutz für Arbeitnehmer bietet, oder ob es sich lediglich um eine gesetzgeberische Intervention vor dem Hintergrund des europaweiten Trends zu vermehrten Tarifverhandlungen im Bereich arbeitsrechtlicher Beziehungen und, dementsprechend, einer vermehrten Anzahl geltender Tarifverträge handelt. Sofern sie stattfinden, können Tarifverhandlungen ein stabilisierender ökonomischer, sozialer und kultureller Faktor sein, da die persönliche Erfüllung in großem Maße davon abhängt, wie die einzelne Person seine oder ihre berufliche Situation verbessern kann.

Ungeachtet der Auswirkungen der neuen Regelungen in diesem Bereich wird anscheinend erwartet, dass die Zahl der Tarifverträge auf Branchenebene künftig zunehmen wird. 

Quelle: Regierungsbeschluss Nr. 171 vom 1. März 2023 über die Festlegung von Tarifverhandlungssektoren und ihrer dazugehörigen NACE-Codes, veröffentlicht in Amtsblatt Nr. 190 vom 7. März 2023; Verordnung Nr. 798 vom 14. März 2023 zur Genehmigung des Verfahrens zur Einstufung von Rechtsträgern, gemäß Definition in Artikel 1(21) von Gesetz Nr. 367/2022 über die Sozialpartnerschaft, in Tarifverhandlungssektoren, veröffentlicht in Amtsblatt Nr. 259 vom 29. März 2023.

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